Was ist eine Baugemeinschaft?

Der Bundesverband hat eine Definition für den Begriff »Baugemeinschaften« erstellt.  In der Vergangenheit gab es manchmal Fragen oder Missverständnisse, da es für den Begriff keine allgemeingültige Definition gibt. Hier finden Sie die Definition des Bundesverbandes Baugemeinschaften e.V..

Baugemeinschaft

Die Baugemeinschaft ist ein Zusammenschluss von privaten Haushalten, die durch gemeinsames Planen und Bauen individuellen Wohn- und gemeinsamen Lebensraum schaffen, um ihn langfristig selbst zu nutzen.

Dies ist möglich als Neubau, Umbau und Umnutzung von Immobilien. Es kann sowohl im Eigentum, als auch in einer Genossenschaft oder in anderen Kooperationen als Mischform Miete/Eigentum erfolgen.

Kennzeichen einer Baugemeinschaft, auch Baugruppe oder Wohnprojekt genannt, ist eine Findungsphase in der Kernziele definiert werden. Kostenoptimierung, gestalterische und ökologische Schwerpunkte sowie die Ausrichtung an sozialen Kriterien und dem Gemeinwohl werden ausgehandelt und gemeinsam entschieden.

Baugemeinschaften unterscheiden sich grundsätzlich von kommerziellen Projektentwicklern, Bauträgern und Kapitalanlegern, da sie Wohnraum dem freien Markt und damit der Spekulation dauerhaft entziehen sowie als Bauherren Entscheidungen  selbst treffen.

Wer ist Mitglied einer Baugemeinschaft?
Mitglieder sind Menschen, die eine andere Wohnform suchen als die auf dem freien Wohnungsmarkt angebotenen. Bei ihnen stehen Ziele des sozialen Miteinanders, des solidarischen Handelns, des Gemeinwohls und der Nachhaltigkeit im Fokus.Mitglieder von Baugemeinschaften sind aktive, eigenverantwortliche Akteure mit sozialer Kompetenz und einer gewissen Risikobereitschaft.

Was definiert das Projekt einer Baugemeinschaft ?
Die Begriffe „Baugemeinschaft“, „Mehrgenerationen-Wohnprojekt“ und „gemeinschaftliches Wohnen“ sind nicht geschützt und werden gelegentlich auch von Unternehmen genutzt, die weder Mitgestaltung, Kostenvorteile noch Transparenz bieten.

Baugemeinschaften errichten oftmals generationenübergreifende und gemeinschaftliche Wohnprojekte als Alternative zum klassischen Eigenheim, zur standardisierten Geschosswohnung bzw. zu Sonderwohnformen.

Sie zeichnen sich, neben der Schaffung von langfristig gesichertem bezahlbaren Wohnraum, häufig durch gemeinsame soziale Ziele aus. Gegenseitige Unterstützung im Alltag, gemeinschaftliche Aktivitäten, das Zusammenleben von Jung und Alt, soziales Engagement im Quartier, Nachhaltigkeit durch energiebewusstes Leben und Wohnen machen einen wichtigen Teil dieser Projekte aus.

Baugemeinschaften schaffen insbesondere auch dort individuellen Wohnraum, wo die städtebaulichen Rahmenbedingungen eine Dichte und Geschosszahl erfordern, die einzelne Bauherren überfordern oder wo Bauen im kleinen Maßstab nicht sinnvoll oder möglich ist.

Baugemeinschaften kombinieren privaten Wohnraum mit gemeinsam genutzten Flächen, z.B.:

  • Gästewohnungen
  • Gärten
  • Dachterrassen
  • Gemeinschaftsräume mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten
  • Technische Infrastruktur wie Photovoltaik oder Solarthermie
  • Regenwasserzisterne
  • Gemeinschaftsauto

Diese gemeinsamen Flächen und Einrichtungen bieten wertvolle Qualitäten für jede Wohnpartei. Auch die Reduzierung der eigenen Wohnfläche um bis zu 10% ist durch Mitnutzung gemeinschaftlicher Räume möglich.

Baugemeinschaften legen Wert auf die Gestaltung des Raums zwischen den Wohnungen, d.h. die innere und äußere Erschließung der Gebäude, weil diese zum Lebensraum gehören und nicht lediglich als unrentable Nutzfläche betrachtet werden. So können belebte offene Erschließungs-Galerien, Wohnstraßen in Geschosslage und großzügige Freitreppen entstehen.

In vielen Baugemeinschaften ist das Einbringen von Eigenleistungen auf handwerklichem, organisatorischem oder planerischem Gebiet möglich. Das spart Kosten und trägt zur stärkeren Identifizierung mit dem Projekt bei. Freiflächen werden gemeinsam angelegt, genutzt und gepflegt. Viele Baugemeinschaften verwalten sich selbst oder nehmen Teile der Verwaltung in die eigenen Hände.

Neben der Verwirklichung gestalterischer, ökologischer und sozialer Ziele bietet das Planen und Bauen in der Gemeinschaft die Chance, bis zu 30 % der Wohnkosten gegenüber vergleichbaren Immobilien auf dem konventionellen Wohnungsmarkt einzusparen.

Eigentums-, Rechts- und Kooperationsformen
Mit der Verbreitung der Baugemeinschaftsidee haben sich, neben der Bildung von Wohneigentum nach Wohnungseigentumsgesetz (WEG), inzwischen eine Vielzahl Rechts- und Kooperationsformen herausgebildet z.B.  bewohnergetragene Genossenschaften, GmbH & Co. KGs,  Kooperationen mit Traditionsgenossenschaften oder kommunalen Wohnungsunternehmen.

In Baugemeinschaften gibt es zunehmend Mischformen. Dabei wird das Wohnen im Eigentum und zur Miete unter einem Dach realisiert; oft mit sozialer Wohnbauförderung, um kostengünstigen Wohnraum anbieten zu können.

Zur Realisierung gemeinwohlorientierter Nutzungsmischungen für Wohnen, Gewerbe und Kultur  schließen sich Baugemeinschaften mit anderen Akteuren zusammen.

Relevanz der Baugemeinschaften für die Gesellschaft
Baugemeinschaften sind die Basis innovativer Wohnbaukultur und demokratischer Stadtentwicklung. Im Idealfall stehen Baugemeinschaften für gestalterische, ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit und Vielfalt. Dazu zählen die Chancen auf flächensparende Bauformen, auf aktive und verbindliche Nachbarschaft, Durchmischung und Lebendigkeit, die Entwicklung von bedürfnisorientiertem Wohnraum und Kostenvorteile, bis hin zur Vermeidung der Spekulation mit Wohnraum. Insgesamt gelten Baugemeinschaften als Motor nachhaltiger Quartiers- und Stadtentwicklung.

Herausforderungen für Baugemeinschaften
Baugemeinschaften haben einen erschwerten Zugang zu Liegenschaften. Die zeitintensive Gruppenfindung und Vergabeverfahren nach Höchstpreis erschweren die Konkurrenz im Bodenmarkt. Baugemeinschaften sind daher angewiesen auf angepasste Vergabeverfahren für öffentliche Liegenschaften (Konzeptvergabe) und die Unterstützung durch die Kommune.

Planung und Bau in eigener Verantwortung bietet zwar alle Möglichkeiten der Einflussnahme auf Gestaltung und Qualität, beinhaltet aber auch alle Kosten- und Zeitrisiken beim Bauen. Der Planungs- und Bauprozess mit gemeinsamen Entscheidungen aller Baugruppenmitglieder erfordert regelmäßige Abstimmungen und Zeitaufwand, der mit familiären und beruflichen Terminen koordiniert werden muss.

Ein wichtiges Merkmal von Baugemeinschaftsmitgliedern ist der Wunsch, das eigene Wohnen und Zusammenleben aktiv zu gestalten. Die aktive Mitgestaltung geht mit der Übernahme von Verantwortung einher.

Kriterien für Baugemeinschaften

  • Der Bundesverband Baugemeinschaften e.V. definiert folgende Kriterien, die eine Baugemeinschaft mindestens erfüllen soll:

    - als Eigentumsprojekt oder als  genossenschaftliches Projekt

    • Die Mitglieder einer Baugemeinschaft geben sich eine gemeinsame Rechtsform, die ihrem gewünschten Status als Eigentümer, Mieter oder Nutzer entspricht, wie z.B.  e.V., GbR, Genossenschaft, GmbH & Co.KG oder WEG.

    • Alle Mitglieder haben das Recht, an Entscheidungen - bezogen auf Planung, Bauen und Verträge - mitzuwirken. Die Entscheidungshoheit im Projekt liegt bei der Gemeinschaft.
    • Alle Verträge, Pläne und Protokolle sind den Mitgliedern frei zugänglich.
    • Das Grundstück, ggfls. mit Bestandsgebäude, wird gemeinsam erworben oder gepachtet.
    • Die Baumaßnahmen werden im Auftrag der Baugemeinschaft ausgeschrieben und vergeben.
    • Die Baugemeinschaft ist als Bauherr verantwortlich für Kosten, Termine und Qualität. Dazu beauftragt sie qualifizierte und erfahrene Dienstleister für Planung, Finanzen/Verträge und Moderation/Gruppenentwicklung.

    - als Mietprojekt

    • Bei Mieterbaugemeinschaften wird ein Kooperationsvertrag mit dem Vermieter geschlossen. Dieser wird ergänzt durch einen internen Vertrag der Hausgemeinschaft, wie z.B. Vereinssatzung. Im Kooperationsvertrag wird z.B. geregelt:
    • Mitwirkung bei der Wohnplanung
    • Belegungsrecht
    • Gestaltung der Gemeinschaftsbereiche
    • Gestaltung und Pflege der Freiflächen